Während ich davon fasziniert war, wie der kleine Italiener den großen bösen Russen ausgeknockt hat, waren alle auf dem Karate-Trip. Meine Eltern hielten sämtliches Kung-Fu-Gedöns für pädagogisch wertlos - wenn nicht sogar für kontraproduktiv. Aber ist es doch gerade der neue Karate-Kid-Ableger, der uns immer wieder aufzeigt, dass wir das Verhalten unserer Mitmenschen nicht einfach kritisieren sondern einfach mal nachfragen sollten.
Ich möchte gar nicht groß auf den Plot von Cobra Kai eingehen, daher hier eine grobe Zusammenfassung: Daniel und Johnny hatten sich ja mal in den Haaren. Beide wurden in den 80ern in verschiedenen Dojos trainiert und treffen natürlich im Finale aufeinander. Daniel gewinnt haarscharf. In der Netflix-Serie treffen die Beiden schließlich als Erwachsene wieder aufeinander, allerdings (noch) nicht im Ring. Daniel scheint sich zunächst über das wiedersehen zu freuen, während Johnny immer noch total angepisst ist.
Interessant ist Johnnys Charakterentwicklung. Zunächst ist er so richtig am Boden. Ein Riesenarsch, der sich eigentlich gar nicht für seinen Sohn interessiert und quasi immer nur säuft. Als er das Dojo Cobra Kai wieder zum Leben erweckt merkt er nach und nach, dass es so nicht weitergehen kann. Indem er seine Schüler zu Disziplin erzieht, wird auch er disziplinierter. Auf einmal räumt er seine Wohnung auf und trinkt nicht mehr ausschließlich Alkohol. Als seine Schüler im Turnier dreckig gekämpft haben, bestrafte er sie, obwohl sie den Titel geholt haben. Bisher habe ich noch nicht viel weitergesehen, allerdings macht er eine sehr positive Entwicklung. Er hat bemerkt, dass der ursprüngliche Weg der Kobra, der ihn zu dem machte was er war, vielleicht doch Verbesserungsbedarf hat.
Daniel hingegen ist Johnnys Gegenteil - er hat eine funktionieren Familie, ein großes Autohaus, eine menge Geld und er lebt sehr gesund. Aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit, hat er ein sehr negatives Bild von Johnny, das unglücklicherweise auch sehr festgefahren ist.
Man merkt mit der Zeit, dass die beiden eigentlich gar nicht so verschieden sind und dass die Grenze zwischen Gut und Böse so unklar ist wie der Himmel über Mordor. Bereits in der ersten Staffel fällt auf, dass die Beiden eigentlich beste Freunde sein könnten. So richtig beste Freunde. So Durch-Dick-und-Dünn-Freunde. Doch leider haben sie sich unter den falschen Umständen kennengelernt. Daher ist die Abneigung, die die Beiden gegenüber verspüren, nachvollziehbar - und auf jeden Fall im Weg.
Die Serie lebt von der Rivalität der beiden Dojos. Daher gibt es wahrscheinlich immer diese Missverständnisse, die mehr Öl ins Feuer gießen als Afrikaner bei der Halskrausenmethode. Das würde halt alles nicht passieren, wenn die Protagonisten mal nachfragen würden anstelle ständig zu überreagieren wie eine Feministin, der man die Tür aufhält. Und das fällt dem Zuschauer auf. Möglicherweise bringt die Serie die Zuschauer dazu, erstmal den Schein zu hinterfragen anstelle gleich mit Fackel und Mistgabel aufeinander loszugehen.
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