Als ich im Kindergarten war, lief einmal wöchentlich die Curiosity Show im Fernsehen. Das war eine tolle Sendung, bei der man, ähnlich wie bei Löwenzahn, sinnvolle Dinge über die Welt lernen konnte - nur in viel cooler. Dabei ging es nämlich oft um Tricks beim Filmemachen oder dergleichen. Die Folgen wurden übrigens in den Jahren 1972 bis 1990 gedreht.
Eines Tages sah ich die Folge, in der einer der beiden Darsteller einen kleinen Ventilator auf dem Tisch stehen hat. Die Rotorblätter drehen sich von allein. Das ohne Batterien. Ich so:
Der Kerl erklärte dann, was Solarkraft ist und dass man in den nächsten 5-6 Jahren mehr darüber hören würde (zumindest in der deutschen Synchro).
Hier das Video vom originalen Kanal (für Werbung kann ich nichts):
Ich sah die Folge Anfang der 90er im deutschen Fernsehen.
90er!
Das ist verfickte 30 Jahre her. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es irgendeinen Menschen gibt, der bis zur Jahrtausendwende nichts davon gehört oder gelesen hat. Wenn nicht, dann ist man wirklich ein Neandertaler, der mit einer Keule und Feuersteinen in eine Höhle gehört. Es ist einfach unmöglich, dass irgendein Erwachsener nicht schon vor Greta und Habeck wusste, was eine PV-Anlage ist.
Was viele nicht wissen: Der Strompreis explodierte bereits vor dem Ukrainekrieg. Während man als Versorger im Jahr 2019 noch ca. 4 Euro für eine Megawattstunde zahlte, waren es im Folgejahr schon um die 15 Euro. Der tolle Krieg sorgte aufgrund der noch tolleren Politik dafür, dass der Preis pro Kilowattstunde schön stabil blieb - und zwar stabil oben. Insgesamt gab es im Zeitraum von 2019 bis 2022 eine Verteuerung von über 600%. Dadurch zahlte man sogar bei den sogenannten Dumpinganbietern plötzlich 80 Cent pro Kilowattstunde. Das ist echt viel, zumal bis 2020 ein Preis über 30 Cent pro kWh niemals wettbewerbsfähig gewesen wäre.
Und genau in diesem Moment fällt Familie Alman wieder ein, dass es doch noch Solaranlagen (oder wie der Profi sagt: Photovoltaikanlagen) gibt. Welch schöner Gedanke: Einmal das Dach des Einfamilienhauses mit vom Staate subventionierten Platten vollstellen und nie wieder eine hohe Stromrechnung haben. Da kann man auch gleich noch eine Wärmepumpe und eine Ladestation für das bereits bei Tesla bestellte E-Auto holen. Da spart man gleich dreifach und tut was für die Umwelt. Wie lange dauert das normalerweise, Herr Netzbetreiber? 6-8 Wochen? Geil! Dann holen wir uns mal einen Elektriker, damit wir bereits im Sommer so richtig schön absahnen können, da wir da ja eh weniger verbrauchen und schööön viel einspeisen!
Tolle Idee, oder?
Das geht natürlich erstmal mächtig in die Hose. Denn neben Familie Alman, ist da noch Familie Arab, Familie Osman und Familie Itacka. Alle wurden aufgrund der steigenden Preise und dem medialen Aufgebausche quasi gleichzeitig getriggert. Nur hat der Elektromeister Schäfer um die Ecke nicht die Kapazitäten, um alle vier Häuser gleichzeitig umzurüsten, ohne mindestens zwei der Familien lange warten zu lassen. Das ist bei den Elektromeistern Erdogan und Capone nicht anders, da diese bereits von den Familien Spanockel, Weißbrot und deren 30 bereits erwachsenen Kindern überrannt wurden. Elektriker haben aktuell keine Konkurrenz, da es einfach nicht genug für all die Aufträge gibt.
Und hier hört der Spaß nicht auf. Denn der Netzbetreiber muss jede PV-Anlage und jede Wallbox (ab 22 kW) genehmigen. Gehen wir davon aus, dass es nur eine Woche dauern würde, den Antrag zu prüfen und freizugeben. Aber anstelle der 5-6 Anträge pro Woche sind es halt 50-60. Dann dauert es nicht mehr eine sondern zehn Wochen. Und ständiges Nachgefrage und E-Mailgeschreibe verzögert die Berabeitungszeit noch weiter. Aber was macht der bürokratische Deutsche? Natürlich noch drei weitere E-Mails versenden. Weil er keine Geduld hat und glaubt, er sei der einzige Mensch auf dem Planeten.
💡 Lernen mit Ciro
Wie du eine PV-Anlage oder Wallbox bekommst:
1. Elektriker beauftragen
2. Elektriker prüft Gegebenheiten vor Ort
3. Antrag des Elektrikers geht beim Netzbetreiber ein
4. Fachabteilung prüft Antrag und gibt ihn frei/macht Angebot (sofern notwendig)
5. Elektriker bekommt Rückmeldung
6. Terminvereinbarung, falls Zählerwechsel notwendig
Und genau deswegen ist der Antrag nicht nach einem Tag abgefrühstückt.
Da die Nachfrage plötzlich so riesig ist und sich die alte Bundesregierung so ziemlich gar nicht für PV interessiert hat, kommen zum Fachkräftemangel auch Lieferschwierigkeiten. Denn der seichte Fluss, der bisher nur fünf Dörfer versorgen musste, soll sich plötzlich um hundert weitere kümmern. Klar. Das funktioniert prima. Wir sind ja durch Amazon gewohnt, dass man gleich morgen das bekommt, das man noch abends bestellt. Spoileralarm: So funktioniert die Welt nicht.
"Man muss da vorsorgen und Leute einstellen!"
No shit, Sherlock! Nur erzähl mal einem Ingenieur, dass man ihn jetzt halt mal ein Jahr braucht und dass er sich danach eventuell einen neuen Brötchengeber suchen soll. Der gibt dir nen Johnny-Cage-Mittelfinger, nachdem er dir einen Johnny-Cage-Eierboxer verpasst hat. Man kann die Anträge natürlich auch von Laien prüfen lassen. Natürlich ohne Gewähr. Nur wenn dann irgendwas - oder irgendwer - anfängt zu brennen oder in die Luft fliegt, ist das Geschrei dann groß. Und das will natürlich auch keiner. Also bleibt erstmal nur das...ja...das...warten. Macht man beim Arzt schließlich auch, da die Meinung des Fachmanns (oder der Fachfrau) so wichtig ist. Das meine ich völlig unironisch.
Wer das nicht verstehtet...äh...verstanden hat, mal in einfach: Ein Haufen Leute, die sich schon seit locker 20 Jahren eine PV-Anlage aufs Dach hätten bauen lassen können, kommen gleichzeitig auf die Idee, endlich aufzurüsten. Vorher hat man das nämlich nicht gemacht, denn:
und es hat sich nicht rentiert. Soso. Nachhaltigkeit hat sich nicht rentiert. Ihr hattet die Kohle aber es hat sich "nicht gerechnet". Jetzt zahlt ihr für diese Torheit - und zwar mit einer Wartezeit, die sich gewaschen hat. Und natürlich mit höheren Preisen, da die Nachfrage das Angebot regelt. Also heult net rum sondern löffelt die energiearme Suppe aus, die ihr euch eingebrockt habt. Nein, weder der Elektriker noch der Netzbetreiber sind schuld. Das bist nur du. Weil du ein knausriger Sack bist, der erst wach wird, wenn man ihn durch Horrorszenarien in Panik versetzt.
Ihr wart alle nicht die Ersten die auf diese Idee kamen sondern die Letzten! Bisher war genug Zeit. Es ist gut und richtig, sich für PV zu entscheiden. Wenn man seine Heizung und sein Auto darüber befeuern möchte, sogar noch richtiger. Aber macht mal die Glubscher auf und habt Respekt vor der Lieferkette und den Facharbeitern, die mit Hochdruck alle Anträge fachkundig prüfen, damit es nicht zu (Personen-)Schäden kommt. Deshalb: Lasst die Fachleute ihre Arbeit machen. Die wissen, was die tun. Normalerweise.
Merke: Du bist nicht allein auf der Welt. Die Erde dreht sich nicht um dich. Du bist nicht der Nabel des Universums. Dein Antrag wird nicht früher als der einer anderen Person bearbeitet, nur weil du dich wie ein Kleinkind schreiend auf den Boden wirfst und mit den Extremitäten herumfuchtelst wie ein besoffener Marienkäfer.
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