Karens kleiner Bruder

Karens kleiner Bruder

Ich hatte neulich eine ganz besondere Begegnung mit einem Kunden. Dieses Erlebnis werde ich in meinem Leben nicht vergessen. Damit mich nachher keiner verklagt, sind Arbeitgeber, Namen und Daten geändert. Aber eines bleibt:

Die Dreistigkeit des Karsten.

Vor einer Weile öffnete ich einen Brief eines Kunden. Er wollte einen Termin vor Ort, da er sich über den schlechten Kundenservice der Gibtsnicht GmbH ärgert. Ich prüfe die Vertragsunterlagen und merke, dass er gar kein Kunde mehr ist. Also forsche ich nach.

Hierbei finde ich einen älteren Brief in der Kundenakte. Der Kunde hat sich bereits über Herrn Çakmak aufgeregt, weil dieser seinen Mobilfunktarif nicht von Business auf Privat umstellen wollte. Außerdem sei Herr Çakmak extrem unfreundlich und inkompetent gewesen. Dies sei auch der Kündigungsgrund gewesen. Und ja, der Fehler lag tatsächlich bei der Gibtsnicht GmbH, da sie ihn versehentlich falsch eingestuft hat.

Um ein klärendes Gespräch zu führen, habe ich Karsten angerufen - denn der kürzeste Dienstweg ist in der Regel der beste. Ich hatte den Sachverhalt ja bereits geprüft und ihm am Telefon gesagt, dass er bei mir offene Türen einrennt. Und obwohl der Vertrag bereits beendet war, habe ich seinen Vertrag rückwirkend auf Privatkunde umgestellt, sodass er Kosten sparen wird. Obwohl ich das nicht hätte tun müssen - aber der Fehler lag ja schließlich bei uns. Kundenservice und so.

Karsten wollte aber immer noch das klärende Gespräch. Also leite ich den Sachverhalt zum Beschwerdemanagement weiter. Wer sich im Kundenservice auskennt, weiß, dass es NICHT NOCH WEITER nach oben geht. Danach kommt nur noch der Vorstand. Und alles, was die bekommen, landet beim Beschwerdemanagement - oder bei mir 🤣

Karsten bedankt sich und notiert sich meinen Namen. Völlig legitim und für mich in Ordnung.

Nach der scheinbaren Klärung durchs Beschwerdemanagement, meldet sich Karsten erneut per Post. Er möchte trotzdem einen Termin haben. Ich spreche mit meiner direkten Vorgesetzten, die allerdings nur mittwochmorgens vor Ort ist.

Zur Erinnerung: Karsten ist kein Kunde mehr. Ich bestehe aber trotzdem auf die Terminvergabe, da Kundenservice wichtig ist und er dann vielleicht nach Ablauf seines neuen Vertrages wiederkommt. Und damit Karsten auf jeden Fall Zeit hat, sollte ich den Termin für meine Vorgesetzte telefonisch mit ihm vereinbaren. 

Ich rufe an. Einmal. Zweimal. Dreimal.

Beim 5. Mal oder so geht er ran. Ich stelle mich vor.

Ich: "Guten Tag, ich bin der Ciro von der Gibtsnicht GmbH. Sie baten um einen Termin mit einem Vorgesetzten in unserer Filiale und ich wollte nur kurz mit Ihnen die Uhrzeit vereinbaren.

Karsten: "Ich rede nicht mit Ihnen. Reichen Sie den Hörer an jemand anderes weiter, aber ich rede nicht mit Ihnen, da Sie sehr unfreundlich zu mir gewesen sind. Sie sind völlig inkompetent. Ich weigere mich, mir Ihnen zu reden!"

Ich: "Ich glaube Sie verwechseln mich. Ich war nicht unfreundlich und wollte Ihnen helfen!"

Karsten: "Ob man meint freundlich zu sein oder ob man es wirklich ist, sind zwei völlig verschiedene Dinge. Nein, ich habe damals mit Ihnen gesprochen! Ich hab mir Ihren Namen notiert und der steht hier. Das waren Sie! Geben Sie den Hörer weiter!"

Ich: "Okay, ich lasse Sie gleich von einem Kollegen anrufen."

Karsten: "Gut. Ich will nie wieder mit Ihnen sprechen!"

ALTER. Ich mache eine verfickte Ausnahme. Setze mich für den ein. Denke mir ja immer "Auch ich bin Kunde!", also behandle ich die Leute so, wie ich es mir von anderen Firmen erhoffe. Ich hab meine Vorgesetzte breitgeschlagen. Die hatte (verständlicherweise) nicht wirklich Bock, sich das Geheule eines Exkunden anzuhören. Aber meinem Urteil vertraut man.


UND. DANN. DAS.


Der hat mir den Dolch nicht mal in den Rücken gerammt. Der ließ sich ausrauben und nicht den Täter sondern mich hinrichten, weil er nicht in der Lage ist, zwei Personen auseinanderzuhalten. Erinnert ein bisschen an die amerikanische Polizei in den 80ern:

"Ein Schwarzer wird gesucht? Okay. Oh guck mal. Der da drüben ist schwarz. Passt ins Profil. FESTNEHMEN!"

Elender ▦▦▦▦▦▦▦▦▦
!

Ich bin also inkompetent. Dass er mich aber eiskalt mit Herrn Çakmak verwechselt hat, obwohl - oder gerade weil? - er sich unsere Namen notiert hat, zeugt nicht gerade von geistiger Ordnung. Im Gegenteil: Es beweist, dass Bildung und Kompetenz zwei völlig verschiedene paar Schuhe sind. Und ich rede nicht mal von demselben Modell oder Hersteller. Das eine Paar sind Boots von Nike und das andere Sandalen von Birkenstock. Beides auf seine Art bestimmt gut aber halt nicht dasselbe.

Jedenfalls liegt der Fall jetzt bei Herrn Schneider. Der ist chronisch nett und hat eine beruhigende und tiefe Stimme. Er macht jetzt den Termin mit Karsten aus. Er ist zwar nicht ganz so lange da wie ich, aber Karsten scheint ihn für kompetent zu halten. Für kompetenter als mich zumindest. Hoffentlich.

Lieber Karsten, du hast viele Gesichter. Und jedes davon ist ein VOLLHORST. Du solltest, genau wie deine große Schwester Karen, dringend an deinen Umgangsformen arbeiten. Dann klappt's auch mit dem Nachbarn - oder wie in deinem Fall, mit dem richtigen Tarif und einem Angebot, das dir vielleicht gefallen hätte.


Hinweis: Die Geschehnisse beruhen auf meinem Gedächtnisprotokoll und sind nicht frei erfunden. Den Vorgang habe ich noch am selben Tag notiert, sodass nicht viel verlorengegangen sein sollte. Jeder Name (bis auf meinen) sowie die Branche wurde geändert. Das Datum ebenfalls. Der Vorfall hätte vor einem Tag, einer Woche, einem Jahr oder einem Jahrzehnt stattgefunden haben. Ich werde es nicht verraten. Aber eines sei euch gewiss: Karens und Karstens sind immer vom gleichen Schlag und verraten sich durch ihre Engstirnigkeit und Eingebildetheit.

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